Als es nun so
wahnsinnig heiß wurde, war ich so richtig in Sommerstimmung. Ein
bisschen so wie früher, als die Sommerferien vor der Tür standen
und eine lange Zeit des Nichtstun vor einem lag. Schier endlose
Wochen, in denen man sich eine besondere Freiheit gönnte. Und in
denen man sich erneuerte, neu erfand, irgendwie häutete, um dann
sechs Wochen später innerlich gereifter und äußerlich ganz anders
in die Schule zurückzukehren. Nach so einer Zeit sehnte ich mich so
richtig, doch der durchschnittliche Arbeitnehmer macht keine sechs
Wochen Urlaub am Stück. "Wie also", dachte ich, "kann
ich denn diesen Zustand von damals irgendwie nachstellen? Was waren
denn während der Sommerzeit die Highlights?" Und dann las ich
bezeichnender Weise während einer Zugfahrt etwas über die all time
favorite-Sommerlektüren einiger Redakteure. Über die Bücher, die
einen Sommer lang die Aufmerksamkeit der Leser gefesselt hatte und in
ihrer Art den Sommer sowohl einzigartig als auch unvergesslich
gemacht hatten.
"Ja richtig",
dachte ich, "die Sommerlektüre!" Auch für mich waren die
Sommerbücher besondere Bücher. Besonders gerne habe ich am
Baggersee gelesen. Meine Freundin und ich hatten ganz früher unsere
Fahrräder, Handtücher, Leibnizkekse, Sprudel und „Das lustige
Taschenbuch“ dabei. Damals waren wir OS-Schülerinnen. In meiner
Erinnerung waren die Sommer heiß. Ich sehe noch das Wasser aus
unseren Haaren auf die Seiten tropfen, als wir uns nach einem
erfrischen Bad wieder bäuchlings auf die Handtücher warfen. Und
sonnenwarme Butterkekse schmecken auch irgendwie besonders und anders
und besser.
Mit zunehmendem Alter
änderte sich die Lektüre und auch die Art der weiteren
Freizeitgestaltung. Als Teenager blieb ich allein zuhause – Familie
samt Bruder verreiste. Ich hütete Haus und Katze, lag an den super
heißen Tagen in einer mit Wasser gefüllten Wäschewanne auf der
Terrasse und las "Der Medicus". Alle Teile hintereinander.
Nach meiner Erinnerung ging das – ob diese trügt, vermag ich nicht
zu sagen. Aber diese Bücher haben mich sehr gefesselt.
Wahrscheinlich habe ich zwischendurch "Beverly Hills 90210"
im TV gesehen. Und abends dann auch mal ein Bierchen mit Freunden
geschlürft und MTV geschaut.
Zu Studentenzeiten
verschwammen Freizeit und Arbeitszeit zunehmend. Man hatte zwar
Semesterferien, musste aber arbeiten. Ich las trotzdem immer weiter –
viel und überall. Gerne in der Stadtbahn und an der Haltestelle,
während der Pausen. Da habe ich irgendwann "Harry Potter"
für mich entdeckt. Was hatte ich für ein Glück als
Literaturwissenschaftsstudentin während der Urlaubsvertretungen auch
im Büro lesen zu dürfen. Tat ich auch – ich weiß noch, wie ich
in einer Mittagspause in den Bertelsmann Buchclub an der Goseriede
fuhr, um mir den nächsten Teil von Harry Potter zu besorgen.
Mit zunehmendem Alter
nehmen diese bahnbrechenden Erfahrungen mit Bücher ab. Ich lese
weiterhin, aber ich nehme mir immer seltener die Zeit in den Büchern
zu versinken. Das finde ich schade und das sollte sich ändern. Es
liegt nicht am mangelnden Interesse, sondern an meinem Tagespensum,
das abends nach getaner Arbeit am Bildschirm meist nur noch ein, zwei
Seiten zulässt. Dann fallen mir die Augen zu.
Für
den Sommer 2015 habe ich mir ein Sommerbuch verschrieben. Ich habe
eine Woche frei (ja, immerhin) und das Buch liegt schon bereit: Hakan
Nesser. Himmel über London. Ich freu mich drauf. Und bis es soweit
ist und mich in diesem Fall tatsächlich "die Muße
küsst", höre ich ein Lieblingssommerbuch eines der oben
genannten Redakteure: Schloss Gripsholm von Kurt Tucholsky. Da habe
ich auch während eines Teenagersommers gelesen, damals im kühlen
Keller liegend, da man mir gerade meine Weisheitszähne gezogen
hatte. Ach ja, da werden Erinnerungen wach...
Ich wünsche euch einen
schönen, entspannten, bewegenden Sommer!
Claudi
Image via Picmonkey
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