Nach Innehalten kommt
zwangsläufig die Bestandsaufnahme. Wo stehe ich in meinem Leben? Und wo will
ich noch hin? Wer begleitet mich? Wer fördert mich? Wer nimmt mich wahr und wer
nimmt mich hin? All diese Fragen gilt es zu bedenken – doch hat man eigentlich
den Mut sich selbst gegenüber ganz ehrlich zu sein? Und was, wenn man sich
selbst gegenüber ehrlich eingesteht, dass dies oder jenes, einer
Frischzellenkur bedarf ? Das bedeutet ja nicht automatisch, dass man den
Gedanken Taten folgen lässt.
Man kommt immer mal
wieder an so einen Punkt im Leben, der einen Wendepunkt markiert.Vielleicht
alle zehn Jahre oder so? Ich habe ja nun im vergangenen Jahr viele
Veränderungen erlebt und merke im Moment sehr stark, dass mich das verändert
hat. Ich bin nicht mehr dieselbe wie noch vor einigen Monaten und ich finde das
auch gut. Ich lebe und lerne, erfahre Neues, lerne neue Leute kennen,
reaktiviere alte Freundschaften und,
und, und...mein Leben ist in Bewegung und gefühlt geht es bergauf. Na, oder
zumindest voran. Und unglücklicherweise verlange ich insgeheim, dass auch
andere meinen Veränderungen Rechnung tragen. Dass sie diese wahrnehmen, dass
sie diese positiv (oder auch negativ bewerten) – aber dass sie diese
wahrnehmen. Tun aber nicht alle – denn man bleibt in den Augen mancher Menschen
halt immer die Kleine, die Tochter oder wer auch immer. Das ist diesen Menschen
sicher nicht vorzuwerfen, aber ich bin in Bewegung und kann sicher mit 37 nicht
dieselbe sein wie mit 27. Will ich auch nicht.
Jetzt gerade spukt mir
immer wieder diese Geschichte von Herrn K. im Kopf herum. Mein Gott, wie habe
ich im Deutschunterricht immer gedacht: "Lasst mich mit Herrn K.
zufrieden!" Und nun, über 20 Jahre später geht mir das Lichtlein auf. Ich
meine diese Geschichte – von Brecht:
Ein Mann, der Herrn K.
lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: "Sie haben sich
gar nicht verändert."
"Oh!" sagte Herr K. und erbleichte.
Bertolt Brecht, Das Wiedersehen
Ihr versteht, worauf ich
hinaus will? Ich hab momentan das Gefühl, dass einige mich nicht so sehen, wie
ich inzwischen bin. Sondern, dass sie sich auf dem Bild von mir ausruhen, das
sie sich mal gemacht haben. Das sind so Dinge, über die ich in diesen Tagen
permanent nachdenke.
Passend dazu heute dieser
eine Post auf facebook (Danke, Eva). Was bedauern Menschen, die im Sterben
liegen? Sie bedauern, nicht mehr Mut gehabt zu haben, wirklich ihr eigenes
Leben zu leben. Sie bedauern, sich nicht erlaubt zu haben, glücklicher zu sein.
Und sie bedauern auch, anderen gegenüber nicht ihre Gefühle ausgedrückt zu
haben.
Ich müsste nun also
folgerichtig rumlaufen und sagen: "Seht mich an! Ich bin's! Die 37-jährige
Version der Frau, die ihr kennt. Ich bin anders, ich bin hier mehr und da
weniger, als ihr glaubt. Ich habe Tiefen, ich habe Höhen und ich habe Abgründe,
in die ich mich noch nicht traue hinunterzublicken..."
Tja...nach Innehalten
kommt Bestandsaufnahme. Und das ist meine...vorläufig.
Claudi
Image via Pinterest
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