Donnerstag, 25. Juni 2015

Claudis Corner | Die gruselige Wohlstandswelt!



Gestern hörte ich es auf der Fahrt zur Arbeit im Radio, wir Deutschen werfen 313 Kilo Lebensmittel weg – und zwar J E D E  S E K U N D E!

Das hört sich viel an und auch, wenn ich diese Info in ihrer Tragweite erstmal gar nicht so wahrgenommen habe, das ist verdammt schrecklich. Heute gab es einen Bericht im Fernsehen über die Verschwendung von Lebensmitteln und wie man inzwischen versucht weniger Ausschuss zu verursachen. Und ich sitze da mit gemischten Gefühlen. Reaktion 1: Ohgott, ich will es eigentlich gar nicht wissen! Reaktion 2: Ohgott, dagegen muss man doch was tun!

Ich bin ja eh dauernd beim Einkaufen hin- und hergerissen. Ich möchte keine Industrieprodukte essen, ich möchte keine dieser milliardenschweren Ausbeuter-Konzerne mit meinem Griff ins Regal unterstützen, ich bin mir aber nie sicher, ob ich es nicht doch tue. (Ich gehe stark davon aus, dass niemand, der auf dem Lebensmittelmarkt Geld verdienen will, ehrlich ist! Auch nicht die Bio-Ketten à la Denn's - doch irgendwie erscheint mir das dann wieder als das kleinere Übel.)* Und dann kommt immer wieder die Erziehung durch: „Hauptsache billig!“ Doch dagegen kämpfe ich täglich. Bei mir heißt es: „Hauptsache gut!“ Ich wäre gerne Selbstversorger – als Kind wollte ich schon Bäuerin werden – so steht es in vielen "Freundschaftsbüchlein". Aber ich schweife ab.

Was also kann man tun gegen diese bodenlose Frechheit, gegen diese Arroganz der Industrieländer Lebensmittel wegzuwerfen? Und nicht etwa wegzuwerfen, weil sie verdorben sind. Nein, wegzuwerfen, weil die Karotte zu krumm für das Auge des werten Kunden ist. Oder wegzuwerfen, weil der Apfel in die genormte Apfelmusmaschine nicht reinpasst. Viel fällt in der Fabrik an, weil das Eis am Stil nicht perfekt aus der Produktion kommt – und zack, ab in den Müll damit. Milch, Zucker, Sahne, was weiß ich, was da alles drin ist – ab in den Müll. Für die Milch musste irgendeine arme Milchkuh herhalten – alles umsonst.

Grad neulich habe ich so eine Situation aber auch aus nächster Nähe erlebt. Jemand kauft Bio-Hähnchen und vergisst es leider im Bürokühlschrank. Kann ja passieren. War für das Abendessen vorgesehen – am nächsten Tag ging es auf Dienstreise. Hühnchen lag da rum. Ein zweite Person sagte zu, das Hühnchen zu übernehmen und hat es dann ebenfalls vergessen. So diese Person ist freitags nicht im Job, so dass Kollege Nummer drei das Hühnchen nun nehmen sollte. Hat es aber auch vergessen. Es kam, was kommen musste – langes Wochenende und eigentlich war das Hühnchen auch am Dienstag noch als haltbar deklariert, aber es landete (aus Angst vor Salmonellen) im Müll. Huhn umsonst gestorben. Ich fand's ganz grässlich.

Natürlich muss ich mir auch an meine eigene Nase fassen: Hüttenkäse im Bürokühlschrank vergessen, angeschimmelt, weggeworfen. Grad gestern. Aber generell habe ich keine Lust mehr da mitzumachen.

Wer gründet mit mir eine alternative Selbstversorger-Kommune? Das würde ich nämlich am liebsten tun. Raus aufs Land, Resthof renovieren, möglichst alles selbst herstellen, die Tiere sind nur zum Liebhaben da! Und fertig.

Bis es soweit ist, kann ich zumindest versuchen besser einzukaufen und das alles besser zu verwerten. Täglich verhungern 18.000 Kinder. Und wir werfen völlig überflüssiges Eis am Stil weg, weil es asymmetrisch auf dem (ebenfalls umsonst produzierten) Holzstil sitzt.(Wobei auch hier langsam ein Umdenken beginnt.*)

Wer mir gute Tipps geben kann, wo ich gut und nachhaltig einkaufen kann: immer her damit!

Claudi

* vgl. hierzu Thilo Bodes Buch „Die Essensfälscher“

**Hierdie Sendung auf die ich mich beziehe:  (ab Minute 20:50 ist das Eisbeispiel dran)

*** Und noch ein wichtiger Link (gleichzeitig Fotoquelle).

1 Kommentar:

  1. Oh Mann, ja Claudi, da sprichst Du mir zu 100% aus der Seele. Diese ganzen Verkettungen von globalen Produktionslinien, Arbeits- und Lebensbedingungen, um dann am Ende das ohnehin überflüßige, bis zur Unkenntlichkeit verfremdete Chemieessen wegzuwerfen... Ich finde ja diese Restessenmüllschlucker-Dinger, die in den USA üblich sind ganz, ganz schrecklich. Direkt vom Esstsich, noch warm ab in den Schredder! Ich habe schon alles mögliche probiert, viel Restessen irgendwie verwertet, musste mir viel Blödsinn anhören ("Du machst das doch nur, weil Du aus Äthiopien bist, oder?"...!) Aber am Ende scheint wirklich nur die Selbstversorgung die beste Möglichkeit zu sein, ich mach mit bei der Farm :-)

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