Ich frage mich gerade, warum der Begriff "Spiritualität" bei uns oft so negativ besetzt ist. In vielen anderen Ländern geht man deutlich offener mit dem Thema um. Körper & Geist gehören ganz selbstverständlich zusammen. Hier läuft man "Gefahr" für einen weltfremden Spinner gehalten zu werden oder wird flugs in eine religiöse Schublade gesteckt.
Früher (also so mit Anfang bis Mitte 20 ;)) war mir das Thema auch eher suspekt. Ich las erste "esoterischen" Bücher (Carnegie & Co.) und fand den Inhalt - ja - interessant. Trotzdem verstand ich nicht so richtig, worum es ging und hatte darum (natürlich) jede Menge Vorurteile. Meine Vorstellung von spirituellen Menschen ging in Richtung Woodstock-Hippies, die nackt oder in wallenden Gewändern über die Wiese tanzen und sich lieb haben. Und natürlich machen alle Yoga ;). Schubladendenken vom Feinsten!
Spiritualität war für mich alles andere als still und unaufgeregt, sondern hatte stets einen missionarischen Touch, der natürlich ganz viele Widerstände in mir auslöste. Ich dachte, man müsse ganz viele Dinge ändern (eigentlich alles) und "dürfe" ganz viele Sachen nicht mehr. Dies und das nicht mehr machen, nicht mehr wollen, nicht mehr essen, nicht mehr bewerten. Ein wahrhaftig spiritueller Mensch weiß natürlich nicht, was ein Kaufrausch ist, verdaddelt seine Zeit nicht im Internet, isst kein ungesundes Zeug (nein, auch nicht ab und zu) und akzeptiert einfach alles, was ist. Wenn man das nicht hinbekommt, dann braucht man eigentlich auch gar nicht erst anzufangen... Ja, das mit dem Weg und dem Ziel hatte ich damals auch schon gelesen, aber offenbar nicht so richtig verinnerlicht ;).
Schade und durchaus auch peinlich!
Gerade habe ich einen ganz tollen Bericht von und mit Christine Westermann gesehen, die ich sehr mag. Sie war 7 Tage in einem buddhistischen Kloster und ist dort mit ähnlichen Schubladen und Zweifeln angekommen :). Sehr sympatisch und sehr sehenswert. Viele ihrer dort gewonnenen Erkenntnisse kann ich unterschreiben.
Für mich geht es mittlerweile einfach nur darum, mich jeden Tag wahrzunehmen und nicht ständig vom Strudel im mitreißen zu lassen. Ich glaube, dass wir alle ziemlich genau wissen, worum es geht. Trotzdem versuchen wir Probleme zu lösen, indem wir nur im Außen suchen! Wir reden und reden und reden und reden und reden! Wir fragen andere Menschen um Rat, grübeln in endlosen Gedankenschleifen, malen uns Konsequenzen aus, treffen Entscheidungen und verwerfen sie wieder. Nur selten (wenn überhaupt) setzen wir uns still in eine Ecke und fragen uns, was unser Seelchen dazu sagt. Seine Stimme ist so viel leiser als das ewige Geplapper im Kopf und darum rennt man so oft einfach darüber hinweg. Ich muss nicht zwingend jeden Tag meditieren (obwohl das helfen würde ;)). Es reicht vollkommen, einfach nur mal hinzuhören. Gerade bei unschönen Gefühlen ist es natürlich einfacher, und im ersten Moment auch deutlich angenehmer, sich abzulenken. Weg damit, Glotze an oder Buch geschnappt.
Ich übe gerade immer wieder, diese Ablenkungsmanöver zu lassen. Wenn ich plötzlich wütend oder traurig bin, versuche ich ein ruhiges Plätzchen zu finden und dann "gucke ich nach". Was ist los und worum geht es wirklich? Das "Aushalten" ist im ersten Moment nicht einfach, aber es ist absolut erstaunlich, wie schnell es einem danach deutlich besser geht.
Um mir also meine eigene Frage zu beantworten: Ja, ich bin ein spiritueller Mensch und ich freue mich darüber! Ich mag Yoga und ich mag Woodstock ;), aber ich mag auch manchmal sinnlos Geld verplempern, mich mit Schokolade vollstopfen und mich über Dinge aufregen, die ich nicht ändern kann. Na und!?
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Ein Ja! Zum aufregen dürfen, groar! Solange man niemandem wehtut, und danach nachgucken geht, warum und wieso man sich aufgeregt hat finde ich temeperametvolle Reaktionen durchaus klärend. Sie Seele ist nicht immer nur ein ruhiges Meer, es gibt auch Stürme :-)
AntwortenLöschenDa hab ich doch echt deinen Kommentar hier überlesen, liebe Hannah! Ich stimme aus vollstem Herzen zu - ruhige Meere sind ja auch igendwie auf Dauer langweilig ;).
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